«Je ne veux pas gagner ma vie, je l’ai.» Boris Vian, L'écume des jours

10/21/2012

nachwort zu dada

die stimmung im saal war beweisführend, dada masilo hat mit ihrer neuinterpretation des schwanensees das publikum begeistert. und wir wurden keineswegs ahnungslos überfallen (worum gehts nochmal im schwanensee fragte meine sitznachbarin nochmal schnell), sondern mit viel witz auf das folgende feuerwerk vorbereitet. ein, neben den den restlichen duchtrainierten südafrikanischen tänerzn der compagnie, ziemlich bleicher "könig" führte in das spektakel ein. als zirkusdirektor mit gerte verkleidet, aber auch mit leicht gefärbtem irokesenschnitt und, besonders relevant, in tüllrock, an dem heute abend keiner der tänzer vorbei kam. tüllrock und iro suggerierten: es wird etwas rebellisch. es folgte die parodie des klassischen balletts, in dem sich jedes stück im grunde gleicht. es sind die immer selben positionen und geschichten von unmöglicher liebe und verpassten gelegenheiten, wenn der prinz in die eine ecke der bühne eilt und die prinzessin im hinteren teil von einer gruppe tänzerinnen versteckt ihrem liebsten kein zeichen geben kann. so aufgeschrieben hört es sich weniger amüsant an, aber nicola haskins ließ bei den meisten der zuschauer tränen laufen vor lachen, stand up comedy im ballett. es bleibt nach diesem abend nicht mehr viel übrig als die musik, ein kostümgedanke, einige formationen und ein teil der geschichte des balletts von tschaikovski, für das marius petipa 1895 den schwanensee-mythos schuf. siegfried ist homosexuell, der schwarze schwan ist ein mann. auf der bühne wird geflucht, gelacht, zu afrikanischen rythmen das tutu geschwungen und schlußendlich ist es egal, ob mann oder frau auf der bühne tanzt, wenn in einer der schönsten und tänzerisch sicherlich bewegensten szenen alle nur mit einem schwarzen rock langen bekleidet auf er bühne sind. dada masilo hat keine scheu, die traditionsreichen schubladen zu öffnen und durcheinander zu wirbeln und einige tabus anzupacken. die hierarchien des klassischen repertoirs, was die rollen von männern und frauen angeht, möchte sie aufbrechen und gleichzeitig mit ihrem stück ein zeichen gegen homophobie setzen. schwarz oder weiß, mann oder frau, das mag nun etwas nach aufklärungsrepertoir klingen, aber gerade weil dada masilo mit soviel witz und leichtigkeit an die tabus geht und einem die reflektion nicht aufgedrängt wird, funktioniert es und man lässt sich von den rythmen so sehr mitreißen, dass es für den zuschauer beinahe zur qual wird, dabei still auf den ledernen sesseln des quai branlys sitzen zu bleiben.

das solo als schwan odette. sollte sich schlechte laune einstellen, braucht man nur einen kurzen schwung dada, so viel explizite freude am tanz sehe ich selten auf der bühne.

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